Einst schob Heinz Baumann einem Mädchen unter der Schulbank eine Brieftaube zu – mit der Hoffnung, dass sie mit einem Liebesbriefchen am Fuss zu ihm zurückfliegt. Heute besitzt Heinz Baumann (55) insgesamt 100 Brieftauben. Manche davon so wertvoll wie ein Kleinwagen. Er kennt alle beim Namen. Gewann viele Preise.

Als 15-Jähriger trat er dem Schweizerischen Brieftaubensport-Verband (SBV) bei. Anfang Jahr verbannte ihn ebendieser Verband aus seinen Reihen. «Das war für mich so schlimm wie ein Todesfall in der Familie», sagt Heinz Baumann.

Unter den Brieftaubenfreunden wird seit längerem mehr gefaucht als gegurrt. Baumanns Ausschluss ist vorläufiger Höhepunkt eines absurden Streits. «Es geht um Neid unter Taubenzüchtern», sagt Baumann. «Es geht darum, dass Regeln für alle gelten», sagt Jean-Pierre Nell, Präsident des Schweizerischen Brieftaubensport-Verbands.

Keine Friedenstaube konnte den Streit bisher schlichten. Vielmehr müssen nun wieder einmal die Richter zwischen den Taubenliebhabern vermitteln. Diesmal ist es das Gericht in Estavayer-le-Lac. Dem Wohnort des Präsidenten des Schweizer Brieftaubenverbands.

«Das war Sabotage»

Begonnen hatten die Unstimmigkeiten laut Heinz Baumann bereits vor sieben Jahren. Damals stand in der Brieftauben-Szene der letzte von 12 Wettflügen in diesem Jahr an. Dann sollte der Schweizer Meister feststehen.

Baumann lag vorne. Dann der Schock: Sechs seiner Tauben verschwanden vor dem Start – darunter auch seine Spitzentauben. Der Schweizer-Meister-Titel war ausser Reichweite. Der Rothrister witterte ein Komplott des Brieftauben-Verbands.

Und prompt fand er drei seiner Tiere beim Fahrer, der die Tauben jeweils bei Wettkämpfen zum Startpunkt transportiert. Zusammen mit der Polizei befreite er seine Tauben. «Man wollte verhindern, dass ich gewinne», davon ist er noch heute überzeugt.

Denn Baumann gilt als sehr guter Züchter, das sagt auch Jean-Pierre Nell, Präsident des Brieftaubenverbands. Andere aus dem Vorstand beschreiben Baumann auch als verbissen.

«Es gab geheime Absprache»

Der Rothrister Taubenzüchter ahnte nicht, dass es noch schlimmer kommen würde. Doch kurze Zeit später entschied der SBV, dass nicht mehr in sechs, sondern neu in vier Regionalgruppen um den Schweizer-Meister-Titel geflogen wird – die Aargauer Gruppe wurde aufgesplittert.

Für Ärger sorgte dabei die Zuteilung des Verein Rothrist in die Luzerner Wettkampfgruppe. Die Rothrister wollten wie bisher mit den anderen Aargauer Vereinen und den Basler Züchtern fliegen. Es gab ein langes Hin und Her.

Um das Ausmass des Streits zu erklären, holt Baumann weit aus. Er erzählt von nächtlichen Treffen eines Vorstandsmitgliedes des SBV mit Vereinsmitgliedern. Von Plänen, die gegen ihn geschmiedet worden sind. Der Taubenzüchter berichtet von geheimen Absprachen. Glatt könnte man vergessen, dass es um Brieftauben geht.

Der Ausschluss

Um mit Aargauer und Basler-Züchtern fliegen zu können, traten die Rothrister einem Basler Brieftaubenverein bei. Heinz Baumann dachte sich damals: «So sind nun bestimmt alle zufrieden.»

Der Brieftaubenverband befand, dass eine solche Doppelmitgliedschaft unzulässig sei. Baumann zog vors Verbandsschiedsgericht Kleintiere Schweiz. Er bekam Recht.

Doch der Verband akzeptierte den Entscheid nicht. Es gab eine ausserordentliche Generalversammlung. Ende 2012 schloss der Verband den Aargauer Taubenzüchter aus. Er sorge für zu viel Aufregung im Vorstand und halte sich nicht an die Regel, so das Fazit.

Baumann hat seinen Ausschluss bei einem Zivilgericht angefochten. Entschieden wird in den nächsten Tagen. Baumann bangt. Vielleicht findet ja irgendwann doch noch eine Friedenstaube den Weg zu den Brieftaubenzüchtern.